Itzehoe- Friedrichstadt



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Von Itzehoe nach Friedrichstadt

    

   Auf der Stör beginnt ein Paddeltörn, der über fünf Gewässer in vier Landkreisen führt: Von Itzehoe nach Friedrichstadt-120 Kilometer im Kajak. Wer zügig fährt, braucht drei Tage. Wer Land und Leute kennen will, nimmt sich mehr Zeit.

 
  Von Itzehoe nach Friedrichstadt -- per Auto eine knappe Stunde, im Paddelboot eine Urlaubsreise. Rund 120 Kilometer auf drei Flüssen und zwei Kanälen liegen zwischen Steinburgs Kreisstadt und dem Holländerstädtchen in Nordfriesland. Stör, Wilsterau, Nord-Ostsee-Kanal, Gieselau-Kanal und Eider: In drei Tagen -- reine Fahrtzeit gut 24 Stunden -- können sie von geübten Wanderpaddlern bewältigt werden. Doch wer sich Zeit lässt und nicht nur zwei Übernachtungen einplant, hat mehr von Land und Leuten.

    Auf der Stör, beim Itzehoer Kanuclub, beginnt die Wanderfahrt. Der erste Streckenabschnitt führt durch den Itzehoer Hafen. Gleich rechts hinter der Delftorbrücke liegen kleine schmucke Motorboote.

Vor dem Zuschütten der Störschleife Mitte der 70er Jahre war hier am Brookhafen, an den nur noch ein Straßenname erinnert, reger Hafenbetrieb. Der heutige Stadthafen, störabwärts Richtung Ortsteil Sude, hat diese Funktion übernommen. An den Kaimauern liegen Binnenschiffe und Küstenmotorschiffe, die ihre Güter löschen.

 
 Hinter dem Itzehoer Hafen schlängelt sich die Stör durch die von Deichen geschützte Marsch. Wenige Kilomer weiter erinnert die stählerne Klappbrücke an ihren hölzernen Vorläufer. Die alte Brücke, Motiv ungezählter Maler und Fotografen, wurde 1965 abgerissen. Segel- und Motorboote liegen dort. Im Hintergrund das Schloss Heiligenstedten, gegenüber die auf das fränkische Reich zurückgehende Dorfkirche.

     Auf dem Fluss begegnen  sich hin  und wieder Kanuten, Ruderer,   Segler, Motorsportboote, Binnenschiffer und Küstenmotorschiffe.                  .
     Nach gut anderthalb Stunden gemütlicher Paddeltour ist die Schleuse von Kasenort erreicht. Hier mündet die Wilsterau in die Stör. Sind die Fluttore geschlossen, muss das Paddelboot über den Deich getragen werden. Der Blick von der Deichkrone auf die Stör und über die Wilstermarsch entschädigt für diese Plackerei, und das Restaurant in Kasenort lädt zur ersten erholsamen Pause am Deich ein.

 
 Bis zum Nord-Ostsee-Kanal fließt sich die Wilsterau 18,6 Kilometer durch saftiges Weideland. Die Wilstermarsch, ein etwa 217 Quadratkilometer großes Gebiet zwischen Geestrand, Nord-Ostsee-Kanal, Elbe und Stör, liegt zum Teil mehr als drei Meter unter dem Meeresspiegel. Deiche an Elbe und Stör schützen das Land vor der Flut. Wenige Kilometer vom Fluss entfernt, in der Gemeinde Neuendorf, liegt die tiefste Landstelle Deutschlands: 3, 54 Meter unter Normal Null. Das "Schleswig-Holstein Lexikon" (Wachholtz Verlag) schreibt: "Das Gebiet hat im Bereich der erhöhten Uferwälle von Elbe und Stör überwiegend fruchtbaren Marschboden, sein nordwestlicher Teil und das Innere ist teils stark moorig, teils so niedrig, dass es nur als Grünland zur Gräsung und Heubergung zu gebrauchen ist. Diese Lage haben die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eingewanderten Holländer, die auch die Entwässerung mit Windmühlen revolutionierten, erfolgreich genutzt, indem sie im Innern der Marsch reine Milchviehhaltung zur Käseproduktion einführten. Der heute noch beliebte Weichkäse hat seinen Ursprung hier".
Die Wilsterau fließt durch die Stadt Wilster, mit etwa 4500 Einwohnern die größte Kommune der Wilstermarsch. Sehenswert ist das Renaissance-Rathaus von 1585 mit der letzten Wilstermarsch-Bauernstube, der geschnitzten "Rathuusdör"  und der Bibliothek. Außerdem das "Hudemannsche Haus" von 1596, die St. Bartholomäus-Kirche (1775-1780) und das Neue Rathaus, das Haus der Etatsrätin Doos aus dem 18. Jahrhundert oder die Rumflether Windmühle Aurora (1870/71).

                         Ozeanriesen gleiten über das Marschenland

 
 Dicht an dicht stehen die oft verwinkelten Häuser an der Wilsterau. An den flachen Ufern sind Boote festgemacht. Das Ausflugsschiff  "Aukieker"  lädt zu Flussfahrten ein. An den Ufern grasen Kühe; liebevoll restaurierte, reetgedeckte Bauernhäuser zeugen von Wohlstand. Am Ende der beschaulichen Flussfahrt ziehen Ozeanriesen durch das Landschaftsbild. Keine Fata Morgana auf grünen Wiesen, sondern Schiffsverkehr auf dem Nord-Ostsee-Kanal. Hinter dem Deich liegt die meistbefahrene Wasserstraße der Welt. Am Schöpfwerk neben dem Nord-Ostsee-Kanal ( Kanal Km 15,5 ) endet die Fahrt auf der Wilster-Au. Von Itzehoe sind jetzt gut 29 Kilometer zurückgelegt worden, knapp sechs Stunden sind vergangen.

 
 Gegenüber der Wilster-Au, an der Burger Fähre, liegt das Burger Fährhaus. Wer nicht schon in Wilster übernachtet hat, findet hier ein Quartier. Ob Gästezimmer in unterschiedlichen Kategorien oder Zeltmöglichkeit am Haus, der vorherige Anruf beim Wirt empfiehlt sich in jedem Fall. Die reichhaltige Speisekarte und der Blick vom Restaurant auf den Nord-Ostsee-Kanal belohnt die Paddler nach einem sportlichen Tag. Mit etwas Glück können Ausflügler hier ein Ehepaar aus Frankfurt antreffen, das jedes Jahr seinen Urlaub am Kanal verbringt und sogar auf einem Schiff in Brunsbüttel geheiratet hat. Die Frankfurter schätzen einerseits den Blick vom Burger Fährhaus auf die vielen internationalen Schiffe und vor allem die zentrale Lage. Sie machen Ausflüge per Auto nach Hamburg, zur Nordsee und zur Ostsee oder unternehmen von den größeren Häfen aus auch Passagierfahrten auf Frachtschiffen bis nach Skandinavien.

 
 Am nächsten Morgen, nach ausgiebigem Frühstück geht es im Paddelboot weiter von Burg zur Hohner Fähre an der Eider ( Kanal Km 41,2 ). 1895 eröffnet, verbindet der knapp 99 Kilometer lange Nord-Ostsee-Kanal Kiel mit Brunsbüttel. Von Burg bis zum Gieselau-Kanal sind es rund 27 Kilometer, bei zügigem Paddelschlag gut vier Stunden.

  
Vom Kajak bis zum Ozeanriesen ist hier alles vertreten. Manche Schiffe sind so hoch, dass sie ihre Schornsteine einklappen müssen, wollen sie nicht gegen die Eisenbahnhochbrücke von Hochdonn stoßen. An den Kanalweichen von Dückerswisch, Fischerhütte und Oldenbüttel warten riesige Containerfrachter und hochhaushohe Kreuzfahrt-Schiffe auf die Durchfahrt des Gegenverkehrs, um weiter in Richtung Kieler oder Brunsbüttler Schleusen zu gleiten.

 
 Immer wieder winken Passagiere aus luftiger Höhe den Paddlern in ihren Nussschalen zu. Kapitäne legen die Hand an die Mütze und grüßen freundlich. Das Schippern, ob im Großen oder Kleinen, verbindet eben.

  
Segelyachten tuckern vorüber. Sie müssen auf dem Kanal mit Motor fahren. Es sind Österreicher und Skandinavier ebenso wie Wassersportler aus Kanada oder Australien. Offenbar ist es für viele eine Herausforderung, die Welt zu umsegeln. Und immer hat der Berufsverkehr Vorfahrt. Die Paddler halten sich in Ufernähe, fern von den Bug- und Heckwellen der Großen.

  
An den Kanalfähren, die Benutzung ist kostenlos, sammelt sich der Last- und Personenkraftverkehr.

 
 Die Einfahrt zum Gieselau-Kanal ist erreicht. Unterhalb der Fähre Oldenbüttel am Ende der Kanalweiche heißt es Abschied nehmen von der großen weiten Welt.

                Schon Jules Verne schwärmte von der Eider

  
Der 2,5 Kilometer lange Gieselau-Kanal verbindet seit 1936 den Nord-Ostsee-Kanal mit der Eider. Der unterschiedliche Wasserstand zwischen Fluss und Kanal wird durch eine Schleuse ausgeglichen. 1881 schrieb Science-Fiktion-Autor Jules Verne über die Eider: " Das Land ist flach, aber üppig grün und hat viele Weiden, auf denen sich Pferde, Kühe und Schafe zu Hunderten frei herumtummeln. Von Zeit zu Zeit erscheinen einzelne bewaldete Hügel, Fabriken, Landgüter, die Häuser mit ungeheurem Strohdache bedeckt.

 
 Der Name Eider rührt von dem Meeresgott  Agir  (Aegyr  Dör: Tor des Meeresgottes Ägir).

 
 Der Fluss, der die Landesteile Schleswig und Holstein trennt, entspringt 20 Kilometer südlich von Kiel. Auf ihren rund 200 Kilometern durchzieht die Eider das östliche Hügelland, die Geest und im Westen die Marsch. Nahe der Schleuse Strohbrück wird die Ober-Eider vom Nord-Ostsee-Kanal durchtrennt. Sie setzt ihren Lauf bei Rendsburg als Unter-Eider fort und mündet bei Tönning in die Nordsee.

  
Wie die Stör, so ist auch die Eider ein Urstromtal, das die Wassermassen der letzten Eiszeit aufnahm und sie in Richtung Westen freisetzte. Es ist noch gar nicht so lange her, da beeinflussten die Gezeiten den Wasserstand bis zur Mitte des Landes. Obwohl schon seit dem Mittelalter eingedeicht, gelang es erst im Jahre 1936 mit der Fertigstellung der Schleuse Nordfeld, rund fünf Kilometer oberhalb von Friedrichstadt, die Eiderniederung gegen Hochwasser zu schützen. Seitdem im Jahre 1977 das Eidersperrwerk unterhalb von Tönning errichtet wurde, kann die Eider gegen Sturmfluten abgeriegelt werden.

  
Lexfähre: Hier schleusen die Paddler, wollen sie das Boot nicht umtragen. Die Schleusenwärter am Gieselau-Kanal und in Lexfähre sind zum Klönschnack aufgelegt und erweisen sich bei den Gebühren für Paddelboote als sehr human. Im übrigen ist für die Nutzung des Nord-Ostsee-Kanals eine Gebühr zu entrichten, auch dann, wenn man nicht durch eine Schleuse, sondern über den Deich gekommen ist.

 
 Ziel dieses Tages ist die Hohner Fähre. Wieder empfiehlt sich ein vorheriger Anruf, um sich eines der gemütlichen Zimmer zu reservieren. Ebenso kann man auf der Wiese campieren. Hier lohnt es sich, einige Tage zu verweilen, ein Fahrrad zu mieten und den Tielenhemmer Koog, das Tielenhemmer Moor und das Gebiet der Alten Sorge zu durchstreifen. Schiffsmodelle in der Kirche von Delve erinnern an die einst bedeutende Schiffersiedlung.

   1784 wurde der Eiderkanal zwischen Rendsburg und Kiel eröffnet. Pahlen erlebte eine Blüte als Industrieort. Die Industrialisierung erforderte größere Schiffe, zu groß für Eider und Eiderkanal. Mit dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals endete die Handelsschifffahrt auf der Eider.

  
Oberhalb der Stein-Schleuse, die Verbindung zwischen Alter Sorge und Eider, liegt Süderstapel. Von hier bis zum Zwieberg unterhalb von Norderstapel ist es nur ein kurzes Stück. Der Zwieberg ist eine Altmoräne, ein Geschiebe aus der Saale-Eiszeit.

  
Hinter der Schleuse Nordfeld beginnt der tidenabhängige Teil der Eider. Wo man vorher noch vom Boot aus ins Land blicken konnte, versperren nun hohe Deiche die freie Sicht.

                          Holländer erbauten die Stadt an der Treene

    Der dritte Tag im Paddelboot neigt sich seinem Ende entgegen. Friedrichstadt ist erreicht. Die Schleuse führt von der Eider auf die Treene. Das malerische Städtchen wurde 1621 von Herzog Friedrich III von Gottorf gegründet.

  
Damals wurde Holländern, die aus Glaubensgründen ihre Heimat verlassen mussten, freie Religionsausübung zugesichert. Sie errichteten Friedrichstadt, mit seinen Treppengiebelhäusern, den vielen Kirchen und den Grachten ein Kleinod unter Schleswig-Holsteins Städten.

 
 Kanuten haben von hier aus die Möglichkeit, die Eider als Tidenstrom bis zur Nordsee zu erkunden oder die idyllische Treene mit ihren Seerosenfeldern kennen zu lernen.

  
Wer am Startplatz in Itzehoe sein Auto stehen gelassen hat, steigt am Ziel in Friedrichstadt am besten in den Zug. Nach einer guten Stunde ist der Itzehoer Kanu-Club per Bahn und Fußweg wieder erreicht.

  
Ebenso wie Friedrichstadt eignet sich Itzehoe als Ziel einer umgekehrten Kanufahrt. Wer hier noch Paddeltouren anschließen möchte, findet ein großes Wassersportrevier auf der Stör, ihren kleinen Nebenflüssen und Kanälen.

Erschienen am 21 Aug 2003 in der Norddeutschen Rundschau
mit freundlicher Genehmigung von Herrn
 HERMANN SCHWICHTENBERG
 

 

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